Wenn Startups den Job der Politik übernehmen: CodeCheck und Eaternity launchen Klima Score

11/11/2020 by Katharina Braun
  • CodeCheck und Eaternity machen den CO₂-Fußabdruck von Lebensmitteln erstmals für Verbraucher:innen sichtbar
  • Die Social-Startups zeigen, dass die Klima Kennzeichnung von Lebensmitteln möglich ist, aber Unterstützung von Politik und Hersteller:innen benötigt
  • Mit dem Klima Score Feature können sich Verbraucher:innen seit November 2020 am Erreichen der Klimaziele beteiligen

Berlin/Zürich - 9. November 2020: Pro Europäer liegen die verursachten CO₂-Äquivalente bei schätzungsweise etwa 9 Tonnen pro Jahr, in Deutschland sogar bei 11 Tonnen. Bis zu einem Drittel wird durch die Herstellung, den Transport und die Weiterverarbeitung von Nahrungsmitteln verursacht. Verbraucher:innen wissen meist nicht, welchen Einfluss ihre Ernährung auf das Klima hat und wie sie diesen reduzieren können. Mit einer sachkundigen Ernährung könnten die Klimaauswirkungen um mehr als 50 Prozent reduziert und das Ziel einer maximalen globalen Erwärmung von zwei Grad erreicht werden. CodeCheck und Eaternity haben daher den Klima Score als neues Feature für die bereits seit 2010 aktive CodeCheck-App entwickelt. Verbraucher:innen können so sehen, wie viel CO₂ Äquivalente (CO₂e) ein Lebensmittel aus dem Supermarkt im Vergleich mit dem Durchschnitt schätzungsweise verursacht. Sie übernehmen somit die Arbeit der Politik, die es bisher verpasst hat, eine umfassende Klima Kennzeichnung von Lebensmitteln durchzusetzen.

Klima Score - CodeCheck und Eaternity wagen ersten Schritt

Das Klima Score Feature ist als gemeinsame Idee von Manuel Klarmann, dem Gründer von Eaternity und Roman Bleichenbacher, Gründer von CodeCheck entstanden. Das Ziel ist es, die CO₂-Bilanz von Lebensmitteln anhand öffentlich verfügbarer Daten so genau und transparent wie möglich zu bewerten und diese Informationen über die CodeCheck-App für alle zugänglich zu machen. “Bisher hat sich an dieses Vorhaben keiner gewagt, da die Berechnung sehr aufwendig und fehleranfällig ist. Auch weil, je nachdem, wie berechnet wurde, große Schwankungen zwischen Daten vorliegen und Vergleichbarkeit nicht gewährleistet werden konnte. Denn der Politik und der Wirtschaft ist es bisher nicht gelungen, sich auf einen gemeinsamen Vergleichsstandard zu einigen, was die Entwicklung eines allgemeingültigen CO-Labels in die Länge zieht. Wir setzen es nun selbst um und sehen dies als entscheidenden, wichtigen Schritt in Sachen Klima Kennzeichnung für Lebensmittel”, so Manuel Klarmann. Nach zweijähriger Entwicklungsphase ist es nun soweit, dass Nutzer:innen der CodeCheck-App sich eine Vorstellung machen können, wie ein Lebensmittel-Produkt aus dem Supermarkt im Vergleich abschneidet.

Download der Infografik

Berechnung und Bewertung des Klima Scores - Eine Annäherung, die Orientierung schafft

Die Berechnung des Klima Scores stellt einen Näherungswert auf Basis von ermittelten Rezepturen, Nährwerten und standardisierten Emissionswerten der in Lebensmitteln enthaltenen Zutaten vom Anbau bis zur Produktion dar. Da die Berechnung auf öffentlich zugängliche Daten angewiesen ist, können Emissionen, die durch die Verpackung, die Verarbeitung und die Verwertung zuhause entstehen, bisher nicht berücksichtigt werden. In die Lebenszyklusanalyse wird einbezogen, woher die Zutaten stammen. Dafür werden standardisierte Werte, basierend auf der häufigsten Herkunft, genutzt. Hersteller:innen sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht verpflichtet, diese Informationen offen zu legen, weshalb auf Importstatistiken zurückgegriffen wird. Die Summe aller Werte ergibt den Klima Score in Gramm CO₂e, welcher während der Herstellung von 100 Gramm des Produktes verursacht wurde. Im Supermarkt können Konsument:innen mit der CodeCheck App dann den Barcode von Lebensmitteln scannen und sehen, wie die CO₂ Bilanz ausfällt. Dr. Ruta Almedom: “Ob die CodeCheck-App die CO₂-Bilanz eines Produktes als ‘Sehr Gut’, ‘Gut’ oder ‘Kritisch’ anzeigt, wird im Vergleich mit allen berechneten Lebensmitteln in der Eaternity-Datenbank eingeschätzt. Zusätzlich war uns wichtig, Vergleichbarkeit im Verhältnis Nährwert und Gewicht herzustellen - so wird der Vergleich zum Beispiel von Tomate und Öl fair. Verbraucher:innen können so erstmals eine sinnvolle Aussage über die Menge CO₂e eines Lebensmittels im Verhältnis zu seinem Nährwert treffen und zudem einschätzen, ob sie im Ziel einer klimafreundlichen Ernährung liegen.

Arbeit der Politik - CodeCheck und Eaternity verhelfen zu mehr Transparenz für die Umwelt

Manuel Klarmann: “Der CO₂ Anstieg, und damit einhergehend der Klimawandel, ist das zentrale Thema unserer Zeit”. Bereits im September fand aufgrund einer Petition eine Anhörung im Bundestag zur verpflichtenden CO₂ Kennzeichnung von Lebensmitteln statt, der jedoch nicht stattgegeben wurde. “Der Klimawandel lässt uns keine Zeit mehr, weshalb viele soziale Startups, wie auch wir, Alternativen entwickeln, die es Verbraucher:innen ermöglichen sollen, unsere Klimaziele zu erreichen. Es liegt mehr denn je in der Hand der oder des Einzelnen, wenn die Politik die Dringlichkeit nicht erkennt” erklärt der Gründer von Eaternity.  Dr. Ruta Almedom: “Zwar ermöglicht unser Klima Score Feature noch keine komplett gesicherte Berechnung, da wir nur öffentlich verfügbare Daten nutzen können. Wir sehen das Feature allerdings auch als Community-Projekt: Produzenten und CodeChecker:innen haben die Möglichkeit, die Daten zu verbessern, Korrekturvorschläge zu machen und für Produktberechnungen abzustimmen. Es ist ein erster Schritt, der eine Orientierung zu klimabewusstem Konsum geben soll und das ist schon sehr viel Wert.” Die promovierte Biochemikerin weiter: “Wir wünschen uns, dass Unternehmen ihre Informationen allen zugänglich machen. Nur so entsteht die Transparenz, die wir brauchen, um einerseits die Berechnung des Klima Scores zu perfektionieren und damit bessere Kaufentscheidungen für die Umwelt zu ermöglichen.”

Über CodeCheck

Mit CodeCheck, können bewusste Konsumenten in DACH, UK und USA mittels Scan des Barcodes herausfinden, was genau in Lebensmitteln oder Kosmetika enthalten ist und wie sich die Inhaltsstoffe auf Umwelt und Gesundheit auswirken. Die Inhaltsstoffe von Produkten werden vom eigenen Wissenschaftsteam und nach neuesten Erkenntnissen aus der Forschung von Experten wie dem BUND, der Verbraucherzentrale, dem Allergie- und Asthmabund und WWF bewertet.
2010 von Roman Bleichenbacher in Zürich gegründet und seit November 2020 mit Gabriele Ottino in der Geschäftsleitung, gibt CodeCheck den Menschen die Kontrolle darüber zurück, was sie konsumieren und hilft Herstellern dabei, ökologische und gesündere Produkte zu produzieren. Mit über zehn Millionen Downloads und 4,5 Millionen Usern ist CodeCheck eine der wichtigsten Apps im Bereich Nachhaltigkeit und Gesundheit.

Über Eaternity

Eaternity pflegt eine der umfangreichsten Datenbanken mit wissenschaftlichen Daten für Umwelteinflüsse der Ernährung. Eaternity hat ein System für die Lebensmittelindustrie entwickelt, um den ökologischen Fußabdruck von Lebensmittelprodukten genau und effizient zu messen. Mit Sitz in der Schweiz (Zürich), wurde Eaternity 2008 von den beiden Wissenschaftlern Judith Ellens und Manuel Klarmann gegründet. Eaternitys Ziel ist ein Ernährungssystem innerhalb unserer planetarischen Belastbarkeitsgrenzen und allen Menschen den Zugang zu klimafreundlichen Lebensmitteln zu ermöglichen. Für Einzelpersonen und Organisationen weltweit präsentiert Eaternity Lösungen zur Verringerung Ihrer lebensmittelbedingten Umweltbelastung. Dieses Projekt wurde durch die Unterstützung der Avina Stiftung und einem Crowdfunding über Wemakeit ermöglicht.